23. September 2024
Heute Vormittag hatte der Verband der Deutschen Küchenmöbelindustrie e.V. zu seiner traditionellen Wirtschaftspressekonferenz nach Löhne eingeladen. Bevor Stefan Waldenmeier, Vorstandsvorsitzender des Verbands der Deutschen Küchenmöbelindustrie e.V. (VdDK), auf die Zahlen einging, warf er einen Blick auf das Jahr 2008. Auch damals befand sich die Weltwirtschaft in eine Krise. Anders als heute, sei es jedoch eine durch Banken ausgelöste gewesen, der eine handlungsfähige Politik gegenüberstand, die unter anderem durch indirekte Subventionen wie der PKW-Abwrackpremie schnell das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in den Konsum stärken und damit wichtige Impulse setzen konnte.
Als Gründe für die aktuelle Situation führte Waldemaier maßgeblich den Ukraine-Krieg und den Transformationsprozess weg von fossilen Brennstoffen auf. Der Krieg habe zu einem enormen Preisanstieg von Energie- und Rohstoffkosten geführt und eine hohe Inflation ausgelöst, die inzwischen aber weitestgehend abgeklungen sei. „Heute tanken Sie in Ostwestfalen wieder für 1,46 Euro. Das gab es lange nicht. Vor einem Jahr kostete der Liter Benzin 2,50 Euro“, verdeutlichte Waldenmaier. Trotzdem seien die Verbraucher weiterhin verunsichert und würden ihr Geld zusammenhalten. Der Küchenkauf sei heute keine Frage des Könnens, sondern vielmehr des Wollens. Deshalb sei es an der Politik, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten nachhaltig zu stärken.
„Die schwache Verbraucherstimmung und die Krise im Wohnungsbau haben unserer Branche im bisherigen Jahresverlauf spürbar zugesetzt“, stellte Stefan Waldenmaier denn auch mit Blick auf die aktuellen Zahlen fest. Einen Umsatz von 3,4 Milliarden Euro – und damit ein Minus von 7,7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum – erzielten die deutschen Küchenmöbelhersteller in den ersten sieben Monaten dieses Jahres. Auf die kommenden Monate blickt Waldenmaier dennoch mit vorsichtigem Optimismus: „Wir gehen davon aus, dass die zweite Jahreshälfte für unsere Unternehmen stärker ausfallen wird als das erste Halbjahr.“ Zwar fehlten aufgrund des schwachen Baugeschehens weiterhin wichtige Impulse für die Küchennachfrage. Das Abflachen der Inflation und die realen Einkommenszuwächse ließen jedoch auf eine leichte Belebung der Konsumfreude hoffen. Auch befassten sich die Menschen im Herbst und Winter wieder stärker mit der Einrichtung ihres Zuhauses.
„Anlass für den Kauf einer neuen Küche ist nicht nur ein Umzug, sondern vor allem ein Umbau der bestehenden Wohnung“, berichtete VdDK-Geschäftsführer Jan Kurth mit Verweis auf eine vom VdDK in Auftrag gegebene Verbraucherumfrage durch das Marktforschungsinstitut Kantar. „Bei Kunden im Alter von 45 Jahren an aufwärts ist zudem der Wunsch nach einem Küchen-Upgrade besonders stark ausgeprägt. Insgesamt suchen die Kaufinteressenten schwerpunktmäßig nach einer Küche zum Preis von 5000 bis 10.000 Euro.”
In der Verbraucherumfrage gaben 43 Prozent jener Verbraucherinnen und Verbraucher, die in diesem oder dem kommenden Jahr einen Küchenkauf planen, einen Umbau bzw. eine Modernisierung ihrer bestehenden Wohnung/ihres bestehenden Hauses als Beweggrund an. Auf Platz zwei (25 Prozent) folgt der Wunsch nach einer besseren Ausstattung und einem moderneren Design – dieser nimmt erwartungsgemäß mit steigendem Alter der Befragten zu. 18 Prozent der Befragten nennen einen Umzug als Auslöser für die Anschaffung einer neuen Küche, 14 Prozent führen technische Defekte ihrer jetzigen Küche an. Ein großer Teil der Kaufinteressenten (40 Prozent) hält nach einer Küche zum Preis von 5000 bis 10.000 Euro Ausschau.
Über die Coronazeit hinweg habe der Stellenwert der Küche stark zugenommen. „Schlechte Zeiten sind erfahrungsgemäß Küchenzeiten“, betonte Waldenmaier. Auch aktuell sei wieder ein Cocooningeffekt zu beobachten – und mit ihm verbunden neue Trends in der Küche: „Beim Design sind in diesem Jahr die leiseren und helleren Töne wie beispielsweise Beige angesagt”, stellte Waldenmaier fest. „Die Einrichtung wird noch wohnlicher und gemütlicher – passend zu den rauen Zeiten da draußen.” Kombiniert werden die hellen Töne häufig mit Holz – sei es als Massivholz, Furnier oder Nachbildung.
Stark gefragt ist der minimalistische Designstil, der sich durch klare Linien, etwa in Form von grifflosen matten Lackfronten mit Antifingerprinttechnologie, auszeichnet. Bei den Arbeitsplatten und Nischendekoren kommen vermehrt Steinoptiken zum Einsatz. Großer Beliebtheit erfreut sich auch der moderne Landhausstil mit den charakteristischen Rahmenfronten – mit Griff oder auch grifflos –, denen beispielsweise elegante Glasvitrinen zur Seite gestellt werden.
Vor große Herausforderungen sieht sich die deutsche Küchenmöbelindustrie aufgrund der überbordenden Bürokratie gestellt. Einen erheblichen Aufwand bringe beispielsweise die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) mit sich, sagte Waldenmaier. Die geforderten Nachweise über eine entwaldungsfreie Lieferkette und die erforderliche Datenweitergabe in der gesamten Wertschöpfungskette machten umfangreiche Anpassungen der IT-Systeme und der Schnittstellen nötig. In dem vorgesehen Zeitrahmen – die Nachweispflichten gelten vom 30.12.2024 an für Produkte, die den Rohstoff Holz enthalten – seien die Vorschriften für die Küchenmöbelhersteller nicht umsetzbar. „Während die Politik der Industrie unrealistische Vorgaben macht, kann sie selbst den vorgesehenen Zeitplan mit der Installation des EU-Informationssystems nicht einhalten”, kritisierte der VdDK-Vorstandsvorsitzende und mahnte dringend eine Verschiebung der Inkraftsetzung um zwei Jahre an. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte die EU-Kommission jüngst im Namen der Bundesregierung aufgefordert, den Anwendungsstart der EUDR um ein halbes Jahr auf den 1. Juli 2025 zu verschieben. „Diese zusätzliche Frist reicht nicht aus, um die notwendigen Anpassungen vorzunehmen”, so Waldenmaier.
Dem Fachkräftemangel, einer weiteren großen Herausforderung, wirkt die Branche aktiv entgegen – mit der Lehrfabrik Möbelindustrie, die am 5. November 2024 in Löhne eröffnet wird.
Die Pressekonferenz beendeten Stefan Waldenmaier und Jan Kurt mit einer positiven Prognose. Beide zeigten sich überzeugt, dass die Talsohle durchschritten sei. Als Indikatoren führten sie unter anderem Märkte in Europa an, „die sich bereits gefangen haben.“ Entsprechend rechne man für die Branche 2025 mit einer Seitwärtsbewegung. Neue Impulse aus der Politik werden jedoch nicht vor den Wahlen im Herbst 2025 erwartet.
Bildmaterial: MHK Group